In den meisten Büros geht’s heute hierzulande divers zu – aber mensch kann sich immer verbessern! Vor allem im HR-Bereich ist ein sensibler Umgang mit grundverschiedenen Menschen und eine diskriminierungsfreie Kommunikation dringend notwendig, damit im Fachkräftemangel die besten Mitarbeiter:innen angesprochen werden – ohne jegliche Einschränkung. Vielfalt und Chancengleichheit lautet die Devise – und diese beginnt schon vor der Einstellung im Recruiting.
Diskriminierungsfreies Recruiting: Was bedeutet das?
Um diskriminierungsfreies Recruiting zu lernen (und ja, das muss man lernen), sollten wir uns zunächst einmal anschauen, was unter Diskriminierung im Recruiting verstanden wird:
- persönliche Verletzungen von Bewerber:innen wegen Ethnie, Beeinträchtigungen, Gender …
- Benachteiligungen von Bewerber:innen aufgrund der genannten Faktoren (o. ä.)
- Stellenanzeigen, die mit unbewusster Diskriminierung oder Ausschlussmechanismen arbeiten
- unangebrachte Fragen bezüglich Ethnie, Beeinträchtigungen, Gender, Alter, Geschlecht, Religion u. a. im Vorstellungsgespräch
- Ablehnung von Bewerber:innen aufgrund der o. g. Faktoren
Das alles ist diskriminierend und darf in professionellen Unternehmen nicht passieren. Dass es trotzdem gang und gäbe ist, beweist eine Befragung von Indeed und YouGov von 2021, auf die wir jetzt zu sprechen kommen.
Wie sieht es aus beim Thema Diskriminierung bei Bewerbung?
Fakt ist: Diskriminierung ist ein No-Go im Recruiting. Fakt ist aber auch: Es findet statt – und zwar regelmäßig und im großen Stil. Dabei sind die wenigsten Recruiter:innen bewusst rassistisch, feindselig oder verschlossen gegenüber bestimmten Beweber:innengruppen. Nein, die meisten sind sich ihrer Vorurteile schlicht nicht bewusst – und lassen sie dennoch (oder gerade deshalb) in ihre Entscheidungen und Handlungen miteinfließen.
In der genannten Umfrage von Indeed und YouGov wurden 502 Personen mit Migrationshintergrund zu ihren Erfahrungen mit Diskriminierung im Recruiting befragt. Die Ergebnisse sind … mindestens irritierend:
- 26 % der Befragten fühlen sich manchmal bei der Jobsuche benachteiligt.
- 37 % fühlen sich im Recruiting wegen ihres Namens diskriminiert.
- 31 % empfinden eine Diskriminierung im Recruiting wegen ihrer Staatsangehörigkeit.
- 27 % sehen sich durch ihren Geburtsort im Recruiting diskriminiert.
- 26 % fühlen sich diskriminiert aufgrund ihrer Religion.
- 21 % fühlen sich diskriminiert wegen ihres Geschlechts.
- 18 % erfahren eine Diskriminierung im Recruiting wegen ihrer Hautfarbe.
Von Ausnahmefällen kann hier also nicht die Rede sein. Frage: Wie schaffen wir es, das zu ändern? Schließlich will doch (fast) jedes Unternehmen eine Atmosphäre der Chancengleichheit schaffen, in der sich alle wohlfühlen – die Belegschaft und die dringend gebrauchten neuen Fachleute, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Namen etc.
Also – damit wir Deutschlands Firmen diskriminierungsfrei machen können, braucht es zunächst ein Bewusstsein dafür, was Diskriminierung ist – in konkreten Situationen. Deswegen kommen hier die Dont’s für einen diskriminierungsfreien Bewerbungsablauf.
Don’t do this, wenn du Bewerber:innen diskriminierungsfrei begegnen möchtest
1. Schreib keine Stellenanzeigen, die Menschen ausschließen
Wenn ich als Frau eine Stellenanzeige lese, in der ein „Webdesigner“ gesucht wird, kann ich das entweder als generisches Maskulinum verstehen und mich bewerben – oder ich fühle mich allein durch diese Vereinfachung schon ausgeschlossen. Nutze also keine Formulierungen, die Menschen ausschließen – auch wenn es nur der Einfachheit halber ist.
2. Frag im Bewerbungsgespräch nicht nach Dingen, die dich nichts angehen
Benachteiligung kann auf vielen Ebenen passieren und deutet sich oft schon in Fragen bei der Bewerbung an, die unangemessen sind. „Das ist ja ein interessanter Name – wo kommen Sie denn her?“, gehört genauso dazu wie „Schaffen Sie das denn überhaupt mit zwei Kindern?“.
3. Halt dich mit Kommentaren über Persönliches zurück, wenn du damit eine Grenze bei deiner:deinem Bewerber:in überschreiten könntest
Dieser Punkt ist, ehrlich gesagt, komplex. Wo hört netter Smalltalk auf und wo fängt Grenzüberschreitung an? Das ist eine individuelle Frage. Im Zweifel würden wir dir empfehlen, Themen wie Ethnie, Religion oder Geschlecht einfach zu vermeiden. Es gibt genug andere Dinge, über die ihr sprechen könnt und die die Stimmung auflockern, z. B. das Wetter, private Hobbies, Sport, Celebrities oder das Lieblingsessen.
4. Lass die „Ich-bin-doch-kein:e-Rassist:in“-Attitüde einfach mal weg
Wollen wir dir jetzt irgendwas unterstellen? Nein. Aber wir alle haben unsere unterbewussten Stereotypen, die entweder positiv oder negativ besetzt sind. Das muss noch nicht mal was mit Rassismus zu tun haben, sondern kann auf Äußerlichkeiten von Bewerbenden beschränkt sein, mit denen wir irgendetwas Unangenehmes verbinden. Wenn du als sensible:r HR-Mitarbeiter:in einfach mal die Annahme zulässt, dass auch du solche Dummheiten im Kopf hast, kannst du damit entspannter, neutraler und vor allem bewusster umgehen. So achtest du automatisch mehr auf Fairness – und kannst deine eigenen Stereotypen hinterfragen und Schritt für Schritt abbauen.
5. Schreib niemandem vor, wie sie:er sich anzuziehen hat
Aber was ist mit unserem DRESSCODE?, wirst du jetzt fragen. Gut – wenn ihr einen habt, gibt es zwei Möglichkeiten: Ihr hinterfragt das Konzept noch einmal von Grund auf. Denn ganz so sinnvoll sind Dresscodes in den meisten Branchen heute nicht mehr. Außerdem trägt es zum Wohlbefinden und damit zur Leistungsfähigkeit von Mitarbeiter:innen bei, wenn diese sich selbst aussuchen dürfen, was sie sich anziehen. Wenn das nicht geht oder für euch einfach nicht vorstellbar ist, führ dir vor Augen, wo der Dresscode beginnt und wo er endet – Anzug ja, religiöse Symbole nein? Wenn ein Dresscode in die Privatsphäre von Menschen eingreift und Zeichen von Zugehörigkeit im demokratischen Rahmen verunmöglicht, ist das Diskriminierung. Und natürlich nicht erwünscht.
Do this, wenn du Bewerber:innen diskriminierungsfrei rekrutieren und dadurch dein Unternehmen weiterentwickeln möchtest
So, jetzt wissen wir, wie es nicht geht. Bleibt die Frage: Wie kannst du dich als HR-Mensch so diskriminierungsfrei wie möglich in einem Bewerbungsgespräch (und davor) positionieren? Na, indem du genau das Gegenteil von den Dont’s machst – und noch ein paar Sachen mehr …
1. Schreib Stellenanzeigen, die inklusiv sind
Dazu gehört die Ansprache aller Geschlechter und geschlechtlicher Identitäten. Du kannst auch in einem expliziten Satz deutlich machen, dass natürlich jede:r bei euch willkommen ist. Sensitivity Reading kann hierfür auch sinnvoll genutzt werden.
2. Etablier ein anonymisiertes Bewerbungsverfahren
Dadurch, dass wir uns alle unserer Voreingenommenheit stärker und stärker bewusst werden, machen wir schon einen großen Schritt Richtung Diskriminierungsfreiheit. Noch einfacher machst du es den Entscheider:innen in deinem Unternehmen, wenn du ein anonymes Bewerbungsverfahren etablierst, sprich Geschlecht, Foto und Namen aus den Bewerbungen löschst, damit alle Kandidat:innen allein durch Persönlichkeit und Können glänzen können.
3. Stell allen Bewerber:innen die gleichen Fragen
Wenn du ein Standardverfahren für Bewerber:innen im petto hast, fällt es dir leichter, diskriminierende Fragen zu eliminieren. Begegne jedem Menschen im Bewerbungsgespräch mit der gleichen Offenheit. So schaffst du eine diskriminierungsfreie Atmosphäre und findest durch ein objektives Bewertungsverfahren noch leichter die perfekten Bewerber:innen für euch. Assessment Centers können ein objektives Einstellungsverfahren unterstützen.
4. Entwickel ein HR-Team, das selbst divers ist
Wenn unter euren HR-ler:innen selbst Personen mit bunt gemischten Hintergründen sind, fällt es euch leichter, neuen Bewerber:innen unvoreingenommen zu begegnen. Je diverser euer Team, desto selbstverständlicher wird eine Kultur der Offenheit.
5. Frag andere nach ihrer Meinung
Der erste Eindruck von Bewerber:innen kann ganz unterschiedlich ausfallen – je nachdem, wen du fragst. Und eben weil du dir ja deiner eigenen Stereotype und Konnotationen nicht immer bewusst bist – frag immer auch eine andere Person, die möglichst weit weg von deiner eigenen Perspektive ist. Ist deine Einschätzung fundiert – oder basiert sie auf persönlichen Vorerfahrungen und Denkmustern, die nichts mit dem:der Bewerber:in zu tun haben? Das lässt sich am besten im Gespräch mit anderen herausfinden.
6. Veranstalte regelmäßig Diversity Workshops – und zwar für alle
Diskriminierungsfreies Recruiting will geübt sein – genauso wie eine Arbeitskultur der Fairness und Gleichheit für alle Mitarbeiter:innen. Deshalb sind Diversity Workshops heute Kanon, damit wir alle in unseren Unternehmen offener, toleranter und besser werden. Spezielle HR-Workshops zum Thema Diskriminierung und Diskriminierungsfreiheit bieten sich natürlich an, damit euer Recruiting noch fairer wird. Aber wenn ihr an dem Punkt aufhört, schöpft ihr eure Möglichkeiten nicht voll aus. Recruiting ist nie nur Sache von HR. Der erste Kontakt zwischen einem:einer Bewerber:in und einer Firma startet nämlich nicht im HR-Büro, sondern schon auf der Seite mit den Jobangeboten, im Flur, im Fahrstuhl usw. Und wenn ihr schon an dieser Stelle ein offenes Klima ohne Anfeindungen schafft, dann habt ihr bereits vor dem ersten Wort einen Stein im Brett – und vielleicht schon bald den:die perfekte:n neue:n Mitarbeiter:in in eurem Team.
Diversity Workshop für ein diskriminierungsfreies Recruiting – yes, please!
Bei SAPERED legen wir in zweierlei Hinsicht viel Wert auf ein diskriminierungsfreies Recruiting: a) wenn sich Bewerber:innen bei uns vorstellen, b) wenn wir Learning Experiences für HR-Menschen und/oder ganze Unternehmen entwickeln, die dieses Thema im Blick haben. Dabei ist es uns ein Anliegen, ohne Zeigefinger oder langweilige Hülsen Menschen wichtige Skills an die Hand zu geben, damit Unternehmen noch diverser, bunter, produktiver werden. Klingt gut? Dann lass uns quatschen – wir freuen uns drauf!