Inspiration Unter­neh­mer trotz, mit oder dank Leg­asthe­nie?

Hi, ich bin Phil­ipp. Ich bin Mit­be­grün­der und geschäfts­füh­ren­der Part­ner von SAPE­RED. Das haben mir vor eini­gen Jah­ren vie­le Men­schen nicht zuge­traut – inklu­si­ve mir. War­um das so ist? Lest selbst …

Inspiration April 08, 2022 Pascal Jodocy 9 min

Der kann ja gar nicht rich­tig schrei­ben

Kin­der malen Bil­der nach Zah­len. Dabei ist die jewei­li­ge Form, Grö­ße und die Anord­nung im Gesamt­kon­text genau vor­ge­schrie­ben. Ähn­lich ver­hält es sich bei mir mit dem Schrei­ben. Mei­ne Vor­la­gen sind aller­dings weni­ger bund, der Gesamt­kon­text ist in vie­ler­lei Hin­sicht auch nicht so idül­lisch“. Ich male Wör­ter und gan­ze Sät­ze nach. Mit die­ser Metho­dik ver­su­che ich eine Stö­rung“ oder Schwä­che“ zu umge­hen: Leg­asthe­nie. Oder bes­ser gesagt: ich wen­de mei­nen eige­nen Lösungs­an­satz an. Die­ser hat Gren­zen. Stra­ßen­na­men sind für mich der End­geg­ner, weil ich hier den Anfang und das Ende ein­zel­nen Wör­ter nicht erken­nen kann. Das ist ok - nervt nur mega.

Da ste­he ich also mit mei­nem Beglei­ter seit den ers­ten Schul­ta­gen. Heu­te kom­men wir mit­ein­an­der ganz gut klar. Der stres­si­ge All­tag in einem erfolg­rei­chen Start-up sorgt manch­mal zwar dafür, das kein Satz gera­de zusam­men­pas­sen will. Das macht aber nichts. In unse­rem Team ist mei­ne Leg­asthe­nie kein Geheim­nis. Heißt: bei wich­ti­gen Mails schaut immer jemand drauf und kor­ri­giert Recht­schrei­bung und Gram­ma­tik.

Mein Tipp: spre­chen!

Heu­te kann ich offen über das The­ma spre­chen, das war vor nicht ein­mal 10 Jah­ren nicht mög­lich. Mei­ne Ängs­te, mein Scharm und mei­ne Wut auf mein Ver­sa­gen beim Schrei­ben haben mich schnell aggres­siv und ver­letz­lich gemacht. Geän­dert hat sich alles in der letz­ten Sta­ti­on mei­nes vor­he­ri­gen Arbeit­ge­bers. Ab der ers­ten Sekun­de war das Ver­trau­en vor­han­den offen und ehr­lich zu sagen, dass ich die­se Her­aus­for­de­rung habe und Hil­fe brau­che. Ich konn­te erklä­ren, wie ich mir Sup­port wün­sche, was mir ein gutes Gefühl gibt und was aus mei­ner Erfah­rung nichts bringt. Sel­ten hat mein Berufs­le­ben etwas so stark ver­än­dert wie die Zusam­men­ar­beit in die­sem Team.

Schaut auf eure Stär­ken

Ich glau­be dar­an, dass jeder Mensch Kom­pe­ten­zen hat, die rich­tig ein­ge­setzt, einen enor­men Impact auf eine Orga­ni­sa­ti­on haben. Das trifft auf jeden von euch zu und auch auf mich. Wenn ich ein Pro­blem nicht lösen kann, muss ich mich immer Fra­gen, wo und wann es über­haupt zum Pro­blem wird. Sind ande­re mei­ner Skills nicht viel wert­vol­ler und brin­gen die­se mich, das Team und die Orga­ni­sa­ti­on nicht auch an das Ziel? Leg­asthe­ni­ker müs­sen ler­nen, anders zu den­ken und Auf­ga­ben anders und schwie­ri­ger zu lösen. Dar­aus ent­steht unkon­ven­tio­nel­les Den­ken und Inno­va­ti­on.

Ich ler­ne schnel­ler (z.B. Sys­te­me zu ver­ste­hen), stel­le Fra­gen und set­ze die Ant­wor­ten in Ver­bin­dun­gen zuein­an­der. In Kom­bi­na­ti­on mit Excel Skills und dem Inter­es­se am gro­ßen Gan­zen“ führt das heu­te dazu, dass ich bei SAPE­RED die Finan­zen ver­ant­wor­ten kann. Ich habe gelernt Hilfs­mit­tel (Email Vor­la­ge, Esels­brü­cken, usw.) zu bau­en, die mir lang­fris­ti­ge hel­fen. Lie­ber heu­te 4 Stun­den mit viel Sorg­falt und Logik inves­tie­ren und dafür mor­gen mehr Pla­nungs­si­cher­heit zu haben.

Was heißt das für SAPE­RED?

SAPE­RED bie­tet Lösun­gen im gro­ßen Spiel­feld des Lear­ning & Deve­lo­p­ment an. Mei­ne Geschich­te in der Schu­le, die Ängs­te in Wei­ter­bil­dun­gen, der Scharm vor Kol­le­gen in Mails oder Tex­ten hat mei­ne Sicht­wei­se auf die­ses The­ma geprägt. L&D muss dem Ler­ner hel­fen sei­ne Auf­ga­ben bes­ser machen kön­nen. Nicht nur bezo­gen auf den Out­put, son­dern beson­ders den Out­co­me. Der ein­zel­ne fühlt sich bes­ser.

Aus unse­rem Pur­po­se („We dri­ve peop­le to grow“) und unse­rer Visi­on („Wir geben Ler­nen die Wir­kung, mit der Ver­än­de­rung im Unter­neh­men zur Chan­ce und die Zukunft zum All­tag wird.“) ergibt sich für mich, dass wir ande­ren Men­schen mit ver­meint­li­chen Schwä­chen“ erlau­ben, ihren Weg ein­fa­cher zu gehen. Dazu braucht es nicht immer die gro­ße Lösung. Im Gegen­teil: oft ist es die Klei­ne, gut anwend­ba­re und simp­le Ant­wort.

Skills sind wich­ti­ger als Rol­len

Mei­ne Erfah­run­gen haben auch beim Auf­bau unse­rer Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tur gehol­fen: Nur der offe­ne Umgang mit Stär­ken, Schwä­chen, dif­fe­ren­zier­ten und kom­ple­men­tä­ren Kom­pe­ten­zen kann und wird uns zum Erfolg füh­ren. Erfolg ist für mich nicht nur über mone­tä­re KPI‘s mess­bar. Viel wich­ti­ger ist die Fra­ge nach dem Wohl­füh­len“ im Team. Kann sich jeder ent­wi­ckeln und die Din­ge vor­an­trei­ben die ihn/​sie stark macht? Bekommt jeder die Hil­fe wie er/​sie braucht?

Skill­ba­sier­tes Arbei­ten in einer Orga­ni­sa­ti­on mit dem Mut zur Per­spek­tiv­viel­falt gibt uns die Chan­ce uns als Orga­ni­sa­ti­on wei­ter­zu­ent­wi­ckeln. Neh­men wir das The­ma Recrui­t­ing als Bei­spiel. Die Wer­te müs­sen zum gro­ßen Teil über­ein­stim­men, die neu­en Team Mit­glie­der müs­sen sich mit dem Pur­po­se und der Visi­on iden­ti­fi­zie­ren kön­nen. Aller­dings soll­ten die Skills nicht die sel­ben sein. Wir suchen kei­ne Men­schen, die wir zu unse­rem Mini-Me“ her­an­zie­hen kön­nen. Son­dern Men­schen die ande­ren Komp­te­en­zen mit­brin­gen uns in Sum­me berei­chern und von denen wir ler­nen kön­nen.

Was ich noch sagen möch­te …

Ich ende mit einem Appell an zuerst Eltern. Wenn ihr fest­stellt, dass eue­re Kin­der eine ande­re Ball­an­ce an Stär­ken und Schwä­chen haben wie die All­ge­mein­heit, sup­por­tet sie. Als Bespiel schaut nur mal nach, wel­che Grö­ßen die­ser Zeit (Bill Gates, Ste­ven Spiel­berg, usw.) eine Lese und Schreib­schwä­che“ haben und in ihrem Bereich abso­lut erfolg­reich sind.

An alle Arbeit­ge­ber: Recht­schreib­feh­ler in der Bewer­bung sind schei­ße, ja stimmt. Sie sagen aber nichts über die Kom­pe­ten­zen in ande­ren Gebie­ten aus. Fragt offen nach Schwä­chen, bie­tet Hil­fe an und häu­fig sind Lei­den­schaft, Loya­li­tät und Inno­va­tio­nen die Reak­ti­on auf den siche­ren Hafen.

Im Busi­ness­kon­text zwar unüb­lich, aber was ist in die­sem Blog­post schon nor­mal: ich wid­me die­sen klei­nen Bei­trag, Wil­helm, Cas­ten und Car­men für die Geduld bei den vie­len Tex­ten, Mails und was weiß ich noch. Pas­cal der mich um die­sen Blog­post gebe­ten und mich dazu zu insi­pi­de­ren hat, offen dar­über zu spre­chen – auch außer­halb unse­rer Orga­ni­sa­ti­on.


Dis­c­lai­mer: Die­ser Text wur­de von uns nicht kor­ri­giert. Logisch, oder?

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