Konstruktivismus, einfach erklärt
Der Konstruktivismus ist eine Lerntheorie, die auf Paul Watzlawick und Jean Piaget zurückgeht. Im Zentrum steht die Frage nach der Konstruktion von Realität durch das Individuum. Anders gesagt:
Inwiefern hängt meine Wahrnehmung der Realität mit meinen subjektiven Empfindungen, Bewertungen, Erfahrungen und Haltungen zusammen?
Laut Konstruktivismus ist die Antwort einfach: Objektive Realität ist für Menschen kaum möglich, weil wir eine Sache immer aus unserer individuellen Perspektive betrachten.
Beispiel:
Dir begegnet ein Hund. Du hast selbst einen zu Hause und freust dich riesig über den schwanzwedelnden Mops, der offensichtlich gute Laune hat. Du weißt, wie wunderbar es ist, nach Hause zu kommen und von einem vierbeinigen Freund willkommen geheißen zu werden, der dir aufgeregt an die Beine springt. Deine Bewertung: Hunde sind super. Was aber, wenn du noch nie vorher einen Hund gesehen hättest? Würdest du den Mops immer noch so nett finden? Vielleicht wäre er dir irgendwie suspekt. Oder aber du wärst schon mal von einem Mops angegriffen worden. (Ja, das soll es geben.) Dann würdest du dich natürlich nicht über diese Begegnung freuen. Du würdest schnell die Straßenseite wechseln, bis das Viech außer Sichtweite ist. Der Mops ist ein- und derselbe – aber deine Sichtweise nicht.
Soweit die konstruktivistische Wahrnehmung. Was hat das jetzt mit Lernen zu tun? Schauen wir es uns an:
Konstruktivismus im Kontext des Lernens – und was sich daraus ableiten lässt
Da Realität laut Konstruktivismus subjektiv ist, gelten hierfür folgende Grundsätze:
- Der Wissenserwerb kann nicht passiv funktionieren: Es ist nicht möglich, Wissen von einer Person einfach auf eine andere zu übertragen. Wenn Kompetenzen nachhaltig errungen werden sollen, muss das aktiv durch die:den Lernende:n passieren. Das heißt, Frontalunterricht ohne Interaktion funktioniert nicht.
- Lernen funktioniert über die reflektierende Auseinandersetzung mit Dingen. Das heißt, ich muss als Lernende:r selbst Erfahrungen machen und diese für mich individuell interpretieren. Nur so kann ich Wissen erwerben, das zu einer für mich nützlichen Kompetenz werden kann.
Formen des Konstruktivismus
Es gibt zwei Grundformen des Konstruktivismus, die wir kurz erläutern möchten:
1. Radikaler Konstruktivismus
Diese Position beinhaltet die Annahme, dass Realität durch und durch subjektiv ist. Objektivität ist deshalb nicht möglich.
2. Interaktionistischer Konstruktivismus
Dieser Ansatz ist etwas offener. Demnach besteht das Lernen aus rekonstruieren (entdecken), konstruieren (erfinden) und dekonstruieren (kritisieren). Wie genau diese Schritte bei jedem einzelnen Menschen aussehen, ist abhängig von seiner individuellen Persönlichkeit und seinem sozio-kulturellen Umfeld. Demnach ist die Konstruktion von Realität zwar eine subjektive Angelegenheit, aber immer verbunden mit sozialen Faktoren. Diese Auslegung des Konstruktivismus ist heute die führende, wenn es um das Gestalten von Lernumgebungen geht.
Wie kann Konstruktivismus in der Weiterbildung von Erwachsenen helfen?
Wenn wir verstehen, dass Realität immer eine individuelle Sache ist, fällt es uns leichter, Lernangebote zu machen, die zu vielen Menschen passen – weil sie individualisierbar sind. Was heißt das in einfachen Worten?
Weiterbildungen in Unternehmen müssen die Individualität der Lernenden anerkennen und fördern. Und zwar noch mehr als Lernprogramme für Kinder. Schließlich sind Erwachsene sich ihrer Stärken und Schwächen selbst bewusst und können nicht nur selbst entscheiden, was sie lernen, sondern auch wie. Dabei funktioniert die Lernerfahrung am besten, wenn ein Problem aus dem Alltag der Lernenden präsentiert und individuelle Lösungswege gefunden werden können.
Andererseits hat die Konstruktion von Realität, und damit das Lernen, immer eine soziale Seite: Wie ich Dinge interpretiere, kann sich im Gespräch mit einer anderen Person ändern. Denn zum Glück sind wir keine autarken Wesen, die nebeneinanderher existieren, sondern sozial und offen für neue Eindrücke durch andere.
Damit Lernen im Betrieb also nachhaltig funktioniert, müssen folgende Voraussetzungen stimmen:
- Das Lernangebot muss individuell und interaktiv sein.
- Das Lernangebot muss den sozialen Austausch ermöglichen.
- Das Lernangebot muss ein greifbares Problem ansprechen und zu einer eigenständigen Lösung verleiten.
Hmm … Wenn du dich ein bisschen mit digitalen Weiterbildungen beschäftigt hast, klingelt’s jetzt vielleicht schon bei dir. Individuell, aber trotzdem sozial? Genau – Blended Learning.
Blended Learning als vielleicht „konstruktivistischstes“ Weiterbildungsformat für Unternehmen
Blended Learning, was war das nochmal … Ach ja: eine Mischung aus analogen Lehrveranstaltungen und eLearning. Sozusagen das Beste aus beiden Welten. Aber warum machen das jetzt alle und warum ist das so gut?
Nun, wenn wir dem Konstruktivismus folgen, weil es genau die Dinge vereint, die eine nachhaltige Lernerfahrung ermöglichen:
1. Individuelles, zeitlich und räumlich flexibles Lernen
eLearning-Angebote bieten die flexibelste Lernmöglichkeit überhaupt. Ich kann nicht nur entscheiden, wo und wann ich lerne. Ich kann auch Inhalte relativ frei nach meinem Bedarf und meinen Interessen auswählen. Das Gleiche gilt für die Lerngeschwindigkeit. Erinnerst du dich an die Schule? In deinem besten Fach wurde wahrscheinlich alles irgendwie langweilig, weil zu viel wiederholt wurde. Und umgekehrt ging dir in deinem Hassfach alles viel zu schnell und du bist nicht mitgekommen? Das gibt es bei eLearning nicht. Du entscheidest, wie du lernst – und kannst so größte Lernerfolge verzeichnen.
2. Interaktives Lernen mit konkretem Realitätsbezug
Wer ein digitales Training für sein Unternehmen erstellt, tut das in der Regel mit Bedacht und Fokus auf die konkreten Probleme im Arbeitsalltag der Mitarbeitenden. Sprache, Design, Situationen, Aufgaben und Tests – alles orientiert sich an euch, an eurer CI und eurem Wissensstand. Das hat gleich mehrere Vorteile: Wenn ich ein greifbares Beispiel habe für eine Situation, die ich kenne, ist zum einen mein Interesse schneller geweckt. Zum anderen kann ich durch das Finden der Lösung meine Skills in meinem echten Arbeitsbereich schulen – und nicht in irgendeiner theoretischen Nische, die ich vielleicht nie anwenden kann. Das ist das Problem mit vielen traditionellen Weiterbildungen: Sie lehren am Bedarf vorbei – und haben deshalb weniger Erfolg.
3. Sozialer Austausch und Orientierung in der Gruppe
Auch rein elektronische Formate können natürlich einen Austausch in Form von Live-Chats oder Videokonferenzen ermöglichen. Das ist aber sowohl energetisch als auch produktiv gesehen nicht dasselbe, wie wenn alle Lernenden in einem Raum sitzen. Kreativer Flow entsteht nicht ohne Grund vor allem dann, wenn wir gemeinsam am Schreibtisch (oder am Fluss oder auf dem Boden oder im Bistro) sitzen. Dadurch, dass wir uns einen analogen Raum teilen, schaffen wir eine Verbindlichkeit und gegenseitige Inspiration, die digital nur teilweise möglich ist. Folgen wir weiter der Lerntheorie des Konstruktivismus brauchen wir aber jede Menge Inspiration durch andere, um Realität zu konstruieren, zu hinterfragen und daraus Wissen für uns zu gewinnen.
Geht das auch nur „in echt“?
Eine rhetorische Frage. Natürlich! „Echte“ Lernerfahrungen im analogen Raum ermöglichen mindestens genauso viel Entdeckungsfreiheit wie digitale Lernumgebungen. Obendrauf hast du als HR-ler mit Bildungsauftrag analog noch viel mehr Formatvielfalt, weil du alle Sinne ansprechen und körperliche Bewegung in deine Weiterbildung integrieren kannst. Der einzige Nachteil: Bei einem Live-Seminar sind deine Lernenden an einen zeitlichen und räumlichen Rahmen gebunden. Und natürlich ist der Individualisierungsgrad generell weniger hoch. Dafür bekommen die Lernenden aber eine Learning Experience, die an Spaß und Mehrwert kaum zu überbieten ist – wenn sie denn gut konzipiert ist … Und was das bedeutet, das finden wir am besten zusammen heraus.
Weiterbildungen von SAPERED – Konstruktivismus, aber besser
Vermessene Zwischenüberschrift, oder? Schließlich ist der Konstruktivismus eine etablierte Lerntheorie, die heute noch vielen Lehrer:innen bei der Gestaltung ihres Unterrichts hilft. Aber allzu etablierte Konzepte bringen auch mit sich, dass sie immer mal wieder eine Auffrischung benötigen – machen wir doch glatt: Bei SAPERED wird jede Lernumgebung völlig neu entwickelt. Trainings von der Stange? Bekommst du hier nicht. Dafür Learning Experiences, die funktionieren und Aha-Effekte erzeugen, weil sie sich an deinem Unternehmen, den Lernenden und euren Problemen orientieren. Das Format ist dabei zweitrangig: digital, Seminar, Tutorial oder Gamification – alles, was Spaß macht und Lernerfolg bringt, setzen wir gerne um. Wenn du wissen willst, wie so was aussehen kann, klick dich einfach mal durch unsere Cases. Oder frag uns direkt – wir freuen uns darauf, dich kennenzulernen!