https://outlook.office365.com/… Was ist ein Lernmodell?
Lernmodelle sind Konzepte, nach denen gelehrt wird. So die Grunddefinition. Noch ein bisschen genauer ist diese: Lernmodelle sind theoretische Konstrukte für das Lehren, die einen möglichst großen und nachhaltigen Lerneffekt für Lerner:innen haben sollen. Damit bildet ein Lernmodell den theoretischen Rahmen für eine Lehrveranstaltung oder ein Lernangebot.
Lerntheorien im Überblick
Als Lerntheorie bezeichnet man ein Verständnis von Lehren und Lernen, das den Lernmodellen übergeordnet ist. Erste Lernmodelle gibt es schon seit den 1920ern (in Ansätzen wohl noch früher), seit der Behaviorismus entwickelt wurde. Diesem zufolge spielt sich Lernen als Reiz-Reaktions-Kette ab, bei der Verhalten von außen, z. B. durch Lob, verstärkt und dann zur gelernten Norm wird. Demonstriert wurde diese Theorie am Beispiel des Pawlowschen Hundes, bei der ein Hund mit einem Ton auf sein Futter vorbreitet wurde und daraufhin vermehrt Speichel bildete. Nach einer Weile war die Speichelbildung immer dann zu beobachten, wenn er den Ton hörte – auch ohne Futter.
Da diese Theorie recht viele Aspekte des Lernprozesses außer Acht lässt – wie den gesamten Lernvorgang an sich – und nur auf eine sichtbare Verhaltensänderung ausgerichtet ist, dient sie heute nicht mehr als zufriedenstellendes Modell, um Lernen zu erklären und daraus praktische Strategien zu ermitteln.
Ein Wandel weg von dieser sehr passiven Theorie des Lernens war die so genannte kognitive Wende in den 1950ern: Die kognitive Lerntheorie beschäftigt sich nicht nur mit Reiz und Ergebnis, sondern auch mit dem eigentlich spannenderen Part dazwischen. Was passiert, wenn wir lernen?, lautet die Ausgangsfrage.
Voraussetzung für die kognitive Theorie des Lernens ist die Annahme, dass der Mensch aktiv und selbstständig Reize verarbeitet. Lernen funktioniert also nicht als reine „Manipulation“ durch externe Faktoren. Vielmehr laufen dabei Prozesse wie wahrnehmen, erkennen, verstehen, denken, vorstellen, Problem lösen, entscheiden und urteilen ab. In der kognitiven Lerntheorie wird Lernen als Prozess verstanden, bei dem Reize und Wahrnehmungen als “Input” ins Gehirn kommen, dort koginitiv verarbeitet werden und sich in verändertem Verhalten oder Knowhow als “Output” zeigen.
Eine weitere Lerntheorie, die in den 50ern bekannt wurde, ist die konstruktivistische Lerntheorie. Ähnlich wie die kognitive Lerntheorie besagt diese, dass Lernen ein individueller und sich kontinuierlich entwickelnder Konstruktionsprozess ist. Der Grad an Individualität und Aktion ist hier aber noch größer: Laut Konstruktivismus konstruiert jeder Mensch seine eigene Repräsentation der Realität, abhängig von seinem Vorwissen und der Lernsituation.
Demnach ist Lernen durch Abschauen allein unmöglich, da Wissen von jeder Person eigenständig neu rekonstruiert, interpretiert und in ihr bestehendes Weltbild integriert werden muss. Lehrende haben in dieser Theorie also keine Vorbildrolle. Vielmehr geht beim konstruktivistischen Lernen darum, Lernende in ihrer eigenen Konstruktion von Realität zu unterstützen. Lernen kann somit inspiriert, aber nicht initiiert, werden, d. h. Lehrer:innen können Anreize geben, das Lernen selbst muss von dem:der Schüler:in selbst kommen.
Heute wird Lernen, sowohl in der Schulbildung als auch in der Erwachsenenbildung, am ehesten als konstruktivistischer Prozess verstanden. Eigeninitiative, ausprobieren, selbst einordnen – darum geht es, wenn Menschen nicht nur auswendig lernen, sondern wirklich fundierte Kompetenzen gewinnen sollen.
5 Lerntheorien und -modelle, die unabhängig von Trends funktionieren
Natürlich ist Lernen sehr individuell. Deshalb gibt es auch nicht das eine Modell, das für jede:n gleich gut funktioniert. Unter den Klassikern der Lernmodelle gibt es dennoch einige, die heute noch viele Menschen ansprechen und einen großen Lernerfolg bringen:
Cognitive Apprenticeship (Collins, Brown 1989)
Das Prinzip der Cognitive Apprenticeship wurde, wie der Name sagt, zu Ausbildungszwecken entwickelt. Dieses Konzept besteht aus vier Schritten:
- Vorführen: Ein:e Lehrende führt die erforderlichen Arbeitsschritte vor.
- unterstützte Eigentätigkeit: Die Lernenden probieren die Ausführung nun selbst unter der Aufsicht der Lehrperson.
- weniger unterstützte Eigentätigkeit: Mit zunehmender Kompetenz der Lernenden minimiert die:der Lehrende ihre:seine Unterstützung.
- unterstützendes Beobachten: Wie ein Coach muss die Lehrperson den Lernprozess beobachten und individuell unterstützen.
Wo finden wir dieses Prinzip heute? – Überall dort, wo Workshops veranstaltet werden, analog oder digital. Dieses Modell zeigt, dass sich die Präsenz eines:einer Lehrenden lohnt – nämlich dann, wenn es gilt, konkrete Tätigkeiten nicht nur oberflächlich, sondern in Perfektion zu erlernen.
Lernen durch Einsicht (Koffka, Köhler, Wertheimer 1990er)
Bei dieser Form des kognitiven Lernens geht es um das spontane Erkennen eines Zusammenhangs oder einer Problemlösung durch Änderung der Sichtweise oder Probieren. Manchmal wird dieses Prinzip sogar mit dem kognitiven Lernen gleichgesetzt. Lernen durch Einsicht meint im Grunde nichts anderes als einen „Aha“-Effekt. Dieser Moment hat schon etwas nahezu Magisches und motiviert dazu, noch weitere Problemlösungen zu finden.
Der Lernprozess läuft in sechs Phasen ab:
- Problem: Eine zu lösende Aufgabe tritt in Erscheinung.
- Experimentieren: Der:die Lernende versucht über verschiedene, bewährte Lösungswege, zu einem zufriedenstellenden Ergebnis zu kommen.
- Umdenken: Wenn die bewährten Lösungswege keinen Erfolg bringen, muss umgedacht werden. Das Problem wird jetzt analysiert und weniger durch Probieren als vielmehr durch logische Überlegungen gehändelt.
- Aha: Es kommt zu einer Einsicht darüber, wie das Problem gelöst werden kann. Das „fehlende Puzzlestück“ ist plötzlich da.
- Anwendung/Problemlösungsüberprüfung: Gemäß der neu gewonnenen Einsicht wird die Problemlösung jetzt aktiv ausgetestet – und wenn erfolgreich, als neue Strategie für kommende Aufgaben gespeichert.
- Übertragung: Lernende können jetzt die Strategie auf andere Situationen übertragen.
Woher kennen wir das? – Im Prinzip aus jeder Situation, in der wir mittels neuer Denkweisen ein Problem lösen müssen. In interaktiven Weiterbildungen bildet das Lernen durch Einsicht quasi die Grundlage für alle Aufgaben. Diese Art des „Knobelns“ kann auch für digital geführte Unterrichtsformate und reines eLearning funktionieren – vorausgesetzt, es gibt eine Instanz, die Feedback gibt und eine Lernerfolgsüberprüfung möglich macht (z. B. durch Gamification).
Learning by doing (antikes Prinzip, „Dinosaurierlevel“)
Hier kommt das wahrscheinlich erste Lernmodell der Geschichte: Learning by doing. Es gibt viele unterschiedliche Meinungen dazu, wer dieses Prinzip zuerst entdeckt hat. Manche behaupten, es war Pfadfinderoffizier Robert Baden-Powell. Andere erwähnen in diesem Zusammenhang immer wieder den Pädagogen Friedrich Fröbel. Wieder andere sprechen das Prinzip dem Philosophen John Dewey zu. Neuere Forschungen verorten „Learning by doing“ aber viel früher – nämlich in der Nikomachischen Ethik im antiken Griechenland. Learning by doing heißt dabei nichts anderes als Lernen durch Machen – wenn ich etwas selbst versuche, finde ich heraus, wie es funktioniert. Ziel ist es, in einem möglichst lockeren Rahmen individuelle Lösungswege für Probleme durch aktives Handeln zu fördern.
Wo gibt’s das heute? – Überall. Im Büro in der alltäglichen Arbeit, im eLearning, in Präsenzveranstaltungen, hat sich Learning by doing als fester Bestandteil unserer Lernkultur etabliert. So simpel das Prinzip, so genial ist es. Anstatt Zusammenhänge breit zu erklären oder strikte Aufgaben zu stellen, können durch Ausprobieren neue, kreative Lösungen entstehen. Die Basis für alle Unternehmen, die langfristig auf Erfolg setzen wollen.
Erfahrungsbasiertes Lernen (John Dewey, Mitte des 20. Jahrhunderts)
Das erfahrungsbasierte oder erfahrungsorientierte Lernen ist nun wirklich ein Prinzip, das auf den Überlegungen des Pragmatismus von John Dewey basiert. Dieses besagt, dass Lernen nur mittels eigener Erfahrungen wirklich effektiv ist. Dabei kann neues Wissen nur im Rahmen der eigenen Erfahrungen interpretiert werden. Damit dieses sich verfestigt, sind wiederum neue Erfahrungen notwendig, die das Wissen in konkreten, für die:den Lernende:n relevanten Situationen anwenden. Das Lernmodell des „Learning by doing“ wird hier durch eine starke Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Lernenden erweitert. Dem liegt die Überzeugung zugrunde, dass ich nur wirklich gut lerne, wenn die Lerninhalte mich in meinem Alltag positiv beeinflussen können.
Wo finden wir das heute? – In gut gemachten eLearnings, Weiterbildungen, schulischer Bildung usw. Auch bei SAPERED legen wir großen Wert darauf, dass alle unsere Trainingsangebote nicht theoretisches Konstrukt, sondern Lerninhalte mit realem Mehrwert sind. Deswegen fängt bei uns jede Konzeption von Lernwelten mit einer Bedarfsanalyse an. Statt zu fragen: Was sollen die Leute hier lernen?, fragen wir: Was brauchen sie, um ihre Arbeit noch besser zu machen?
Anchored Instructions (John Bransford, 1990)
Zugegeben, dieses Prinzip ist noch ein echter Jungspund unter den Theorien. Es basiert allerdings auf dem Instruktionsdesign (Instructional Design, auch ID) der 1950er Jahre.
Für uns ist es deshalb wahnsinnig interessant, weil es explizit für multimediale Lernumgebungen entwickelt wurde. Anchored instructions arbeiten mit narrativen Lernwelten, d. h. ein Problem wird mit einer Geschichte verbunden, die als Orientierungspunkt für die Lernenden gilt. Ein erzählerischer roter Faden führt dabei durch die Aufgaben und verknüpft dabei elegant verschiedene Wissensbereiche. Anchored instructions dienen deshalb als Modell für interdisziplinäre Wissensvermittlung. Der große Vorteil: Durch den narrativen Rahmen wird das Interesse der Lernenden gesteigert und die Motivation erhöht. Statt willkürlich aneinandergereihter Module gibt es ein großes Ganzes, das sowohl informativ als auch unterhaltend ist. Als „Leuchtturm“ fungiert dabei oft ein Film, der die Basis für alle weiteren Inhalte liefert. Diese bestehen aus multimedialen, gemischten Formaten, die selbstgesteuertes Lernen ermöglichen.
Wo werden Anchored Instructions heute eingesetzt? – So ziemlich überall dort, wo eLearning gut funktioniert. Wir glauben fest daran, dass Lernen gerade im beruflichen Umfeld Spaß machen muss, damit es wirklich erfolgreich ist. Deshalb ist dieser Ansatz mit hohem Spielgrad für uns einer der ansprechendsten.
Weg vom Modell, rein ins Konzept
Bist du auf der Suche nach einem qualifizierten Partner für dein eLearning-Angebot, der sowohl fundiertes Wissen rund um didaktische Vermittlung hat, als auch weiß, wie daraus eine perfekte Lernumgebung entsteht? Dann melde dich bei uns. Wir freuen uns darauf, mit dir zusammenzuarbeiten!