Selbstbestimmungstheorie nach Deci und Ryan
In diesem Artikel geht es also um Motivation und wie sie entsteht. Dazu haben in den 1990ern zwei kluge Leute aus den USA eine Theorie herausgebracht. Die Selbstbestimmungstheorie oder „Self-Determination Theory“ (SDT) befasst sich mit der Frage nach der autonomen bzw. intrinsischen Motivation.
Intrinsische Motivation meint Motivation von innen heraus, also durch Faktoren, die nicht abhängig von äußeren Incentives sind.
Extrinsische Motivation bezeichnet demgegenüber Motivation von außen, also durch äußere Faktoren wie Druck oder Belohnung.
Diese extrinsische Motivation zu erzielen, ist relativ einfach: Versprich jemandem eine super Belohnung für Aufgabe X und er wird sie aller Wahrscheinlichkeit nach motiviert ausführen. Das Problem ist bloß, dass eine so erreichte Motivation schnell verpufft. Habe ich meine Belohnung bekommen, habe ich auch keinen Antrieb mehr für die Aufgabe. Logo. Außerdem kommt hier schnell der Gewohnheitseffekt ins Spiel: Wenn jemand immer wieder eine Belohnung für ihre:seine Aufgabe bekommt, gewöhnt sie:er sich schnell daran und erwartet womöglich eine Wertsteigerung – oder aber will gar nicht mehr arbeiten, wenn die erwartete Belohnung ausbleibt. Für Unternehmen, die ihre Mitarbeiter:innen motivieren wollen, würde das viel Arbeit und Geld bedeuten. Und eben nicht nachhaltig den gewünschten Erfolg bringen.
Deshalb muss also intrinsische Motivation her – und zwar viel davon. Das haben die meisten Unternehmen heute auch erkannt. Natürlich sind ein gutes Gehalt und ansprechende Arbeitsbedingungen ebenfalls notwendig, um gute Leute im Betrieb zu halten. Aber was dauerhaft zu Höchstleistungen anspornt, ist eben etwas anderes.
Und was das genau ist, worauf es fußt und wie es entsteht, erklärt die Selbstbestimmungstheorie anhand eines einfachen Modells.
Die drei Grundbedürfnisse der Persönlichkeitsentwicklung laut Selbstbestimmungstheorie
In der Selbstbestimmungstheorie gehen wir davon aus, dass intrinsische Motivation durch die Erfüllung von drei Grundbedürfnissen entsteht:
- Autonomie: Das Bedürfnis nach Autonomie steht für den Wunsch, selbstbestimmt zu handeln. Das heißt im Unternehmenskontext: Was und vor allem wie ich arbeite, will ich selbst entscheiden.
- Soziale Eingebundenheit: Wir haben das Bedürfnis danach, einer Gemeinschaft anzugehören. Wenn wir uns in unserem Tun als Teil eines Ganzen begreifen, steigt die Motivation.
- Kompetenz: Am größten ist die Motivation in Bereichen, wo ich wirklich etwas bewegen kann, weil ich mich kompetent fühle. Auch Herausforderungen nehme ich gerne an, wenn ich glaube, dass ich sie meistern kann.
Wenn all das gegeben ist, entsteht intrinsische Motivation – so die Theorie –, also der natürliche Trieb, Herausforderungen zu suchen und anzupacken.
Warum brauchen wir intrinsische Motivation?
Intrinsische Motivation ist, wie gesagt, die nachhaltigste und stärkste Form der Motivation. Dass wir die in Unternehmen dringend brauchen, steht außer Frage. Aber was genau bringt eigentlich Motivation?
- Erfolg: Wer motiviert arbeitet, arbeitet besser. Wer besser arbeitet, sichert seinem Unternehmen größtmögliche Erfolge. Und deshalb bleiben nur Unternehmen, die sich um die Mitarbeiter:innenmotivation bemühen langfristig erfolgreich.
- Kosten: Unmotivierte Mitarbeiter:innen kosten deutsche Unternehmen jährlich bis zu 115,1 Milliarden Euro. Irre viel Geld für nichts.
- Organisatorischer Aufwand: Mitarbeiter:innen, die nicht motiviert sind, kündigen schneller. Und jede Kündigung mit anschließender Beweber:innensuche, Onboarding der neuen Fachkräfte usw. ist mit einem enormen organisatorischen Aufwand verbunden, der auch wieder kostet.
- Image und Marketing: Wer ist ein:e bessere:r Markenbotschafter:in für dich, als deine Mitarbeiter:innen? Eben. Nur wenn diese überzeugt vom Unternehmen und ihrer Arbeit darin sind, können sie diese Überzeugung auch anderen Leuten glaubhaft vermitteln.
- Arbeitsklima: Ein Raum voller Leute, die innerlich schon gekündigt haben? Ungünstig für euer Arbeitsklima. Denn mit der Motivation ist es wie mit der guten Laune: Sie kann anstecken, Wellen schlagen und dafür sorgen, dass sich nicht nur eine:r, sondern gleich alle viel wohler fühlen.
- Neue Produkte: Wer motiviert ist, ist neugierig, will Neues entdecken und dazu beitragen, dass etwas Einzigartig entstehen kann. Wie stark dieser Hang zum Ideenentwickeln ausgeprägt ist, ist natürlich branchen- und personenabhängig. Aber ohne Motivation geht in Richtung Innovation rein gar nichts.
- Entwicklung: Es geht aber dabei nicht nur um produktive Entwicklungen. Was Motivation uns vor allem bringt ist persönliche Weiterentwicklung. Mitarbeiter:innen, die motiviert sind, lernen dazu. Und das wiederum ist einer der wichtigsten Antriebe für ein starkes, konkurrenzfähiges Unternehmen.
- Qualität: Wenn ich mich meiner Arbeit verbunden fühle, dann schaue ich in puncto Qualität viel genauer hin, als wenn ich nicht wirklich was damit zu tun haben will. Für Kund:innen bedeutet das: Sie dürfen sich über bessere Qualität freuen – und das freut Unternehmen, die bessere Bewertungen bekommen und rasant weiter auf der Erfolgsspur flitzen.
Wie funktioniert das jetzt in der Anwendung mit der Selbstbestimmungstheorie?
Als zukunftsorientiertes Unternehmen fragt ihr euch, wie ihr die Motivation eurer Mitarbeiter:innen dauerhaft hochhalten könnt – und diese Selbstbestimmungstheorie klingt schon überzeugend? Finden wir auch. Also lass uns konkreter werden: Wie kann man als Unternehmen wie eures die Selbstbestimmungstheorie praktisch in den Arbeitsalltag integrieren?
Was nicht wir, sondern auch die Begründer der Theorie, herausgefunden haben: Intrinsische Motivation ist von extrinsischer nicht immer eindeutig trennbar. Dementsprechend ist es nur logisch, dass externe Faktoren die intrinsische Motivation negativ beeinflussen können – nämlich dann, wenn sie den drei Bedürfnissen nach Autonomie, sozialer Einbindung und Kompetenz widersprechen.
Dinge, die die intrinsische Motivation eindämmen:
- Nicht-konstruktives Feedback: Wer Mitarbeiter:innen laufend kritisiert, ohne konstruktive Verbesserungsvorschläge zu machen, kann nicht mit einer steigenden Motivation rechnen. Durch reines „Gemecker“ wird das Bedürfnis nach Kompetenzerleben verdrängt – und das kann frustrieren.
- Zu strenge Hierarchien und kleiner Handlungsrahmen: Auch wenn Fachleuten nichts oder zu wenig in ihrem Bereich zugetraut wird, ist das ein Grund für weniger Motivation. Das Bedürfnis danach, selbst zu entscheiden und Dinge anzupacken (Kompetenz und Autonomie), wird dann nicht erfüllt. Das Gleiche gilt für strikte Regeln und Vorgaben bezüglich der Arbeitsweise. Natürlich muss es in jedem Unternehmen einen Code of Conduct geben. Dieser sollte aber eher als Orientierung dienen, anstatt akkurat befolgt werden zu müssen.
- Mangelhaftes Onboarding: Gerade zu Beginn einer neuen Stelle muss sich ein:e Mitarbeiter:in herzlich willkommen und gut eingearbeitet fühlen, damit das Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit erfüllt werden kann.
- Schlechtes Arbeitsklima: Wer in einem Büro arbeitet, in dem nur Konkurrenzdruck und schlechte Laune herrscht, wird sich nicht motiviert fühlen, denn beides geht auf Kosten von Kompetenzempfinden und sozialer Eingebundenheit.
- Unzureichende Kommunikation: Wenn in einem Unternehmen keine Transparenz herrscht, wird eine Barriere zwischen Führung und Mitarbeiter:innen errichtet, die dem Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit nicht zuträglich ist. Wenn ich bei wichtigen Entscheidungen nicht mit einbezogen werden, fühle ich mich außen vor – und meine Motivation schrumpft.
- Zu viel Quantität und zu wenig Qualität: Wer das Gefühl hat, nur Dinge „abzuarbeiten“, wobei die Masse eine größere Rolle spielt als die Qualität, ist oft wenig motiviert. Das liegt daran, dass diese Art des beliebigen Abarbeitens im Widerspruch zu dem Bedürfnis nach Kompetenz steht.
- Ständig wechselnde Vorgaben: Auch Unternehmen, in denen sich ständig Anforderungen ändern, können nicht auf motivierte Mitarbeiter:innen zählen. Natürlich sind Wandel in Unternehmen ganz normal. Wenn aber keine wirkliche Konstante in der Arbeit besteht, leidet wieder das Kompetenzbewusstsein.
- Schlechtes Gehalt: Hatten wir nicht gesagt, Geld reicht nicht aus zur Motivation? Doch, und das stimmt auch. Was die Motivation betrifft, stimmt aber auch: Wer ein angemessenes Gehalt bekommt, fühlt sich und seine Arbeit wertgeschätzt. Und das führt (nicht nur, aber unter anderem) zu einer größeren intrinsischen Motivation.
Was du auf jeden Fall tun solltest, um Mitarbeiter:innen zu motivieren:
Weil wir selbst von der Selbstbestimmungstheorie überzeugt sind, beschränken auch wir uns natürlich nicht aufs Meckern, sondern geben dir jetzt ein paar Beispiele, welche Faktoren wie ein Sprungbrett für intrinsische Motivation funktionieren:
- Konstruktives Feedback: Oh, ja. Wer Feedback bekommt, das ihr/ihm wirklich weiterhilft, das sowohl Anerkennung für gebrachte Leistungen, als auch Vorschläge und Anregungen für Verbesserungen enthält, kommt motivierter daraus hervor. Sprich mit Mitarbeiter:innen im Feedbackgespräch immer auf Augenhöhe und bemühe dich, wirklich konkret Hilfestellung zu leisten, damit die Arbeit noch besser und angenehmer wird. Dein Teammitglied wird es dir danken. Kompetenzbedürfnis sei Dank!
- Vertrauen: Mitarbeiter:innen, die das Vertrauen ihrer Vorgesetzen genießen, wollen sich in der Regel auch dessen würdig zeigen. Natürlich gibt es davon immer Ausnahmen. Aber die sind angesichts der immensen Vorteile, die ein vertrauensvolles Verhältnis, für die Motivation bringt, zu vernachlässigen. Für das Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit und Kompetenz ist Vertrauen Gold wert. Also: Trau Mitarbeiter:innen etwas zu und vertrau auf ihre Meinung in ihrem Fachbereich, den sie besser kennen als du.
- Wertschätzung: Dazu zählt nicht nur Feedback, sondern auch ordentliche Umgangsformen und ein respektvolles Miteinander. Deshalb: Achtet in eurem Team auf Freundlichkeit und Kollegialität.
- Hochwertiger Arbeitsplatz: Gute Leistung selbst kann einen positiven Effekt auf die intrinsische Motivation haben. Und diese ist nur möglich, wenn der Arbeitsplatz alles bietet, was ich für meinen Job brauche. Stell in deinem Team also sicher, dass alle Materialien und Rahmenbedingungen da sind, um volle Leistung zu erbringen.
- Teambuilding: Weil wir uns alle soziale Eingebundenheit wünschen, ist Teambuilding eine der wichtigsten Voraussetzungen für intrinsische Motivation. Dabei geht es nicht so sehr um außergewöhnliche Teamevents, sondern vielmehr, um Aktivitäten wie Kommunikationsseminare u. ä., die uns als Team weiterbringen. Überleg dir also, welche Aktivitäten wirklich sinnvoll für euch sind, um noch mehr Verbundenheit herzustellen und das Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit zu erfüllen.
- Selbstorganisiertes Arbeiten: Homeoffice findest du doof? Dein:e Kolleg:in aber vielleicht nicht. Jede:r Mitarbeiter:in ist anders – und sollte nicht dazu gezwungen werden, sich an Strukturen anzupassen, die für den Erfolg der Arbeit nicht relevant sind. Gib deinem Team möglichst viel Freiraum in der Art und Weise, wie jede:r Einzelne arbeiten will. Dadurch kommt dein Unternehmen dem Bedürfnis nach Autonomie entgegen und macht es allen einfach, ihre Bestleistungen zu erreichen.
- Regelmäßige Meetings auch remote: Damit die soziale Eingebundenheit nicht unter den ganzen „New Work“-Bemühungen leidet, ist es wichtig, auch mit remote Arbeitenden regelmäßig zusammenzukommen. Das muss nicht unbedingt „in echt“ sein, sondern kann auch digital funktionieren. Bau also regelmäßige Feedbackrunden auch für Leute in Homeoffice und Co. in euren Plan ein.
- Weiterbildungen: Wer kompetent und autonom arbeiten will, will sich meistens auch weiterentwickeln. Damit ist nicht nur die Entwicklung in Richtung höherer Position und mehr Gehalt gefragt, sondern eben auch der Kompetenzerwerb. Biete Mitarbeiter:innen deshalb regelmäßig gute Weiterbildungen an, damit diese sich in eurem Unternehmen entwickeln können.
- Offenheit und Transparenz: Intrinsische Motivation entsteht durch ein Gemeinschaftsgefühl. Und das kann nur funktionieren, wenn ein möglichst großer Grad an offener Kommunikation im Unternehmen herrscht. Involviere dein:e Kolleg:innen deshalb bestmöglich in Prozesse und achte auf eine Kommunikation, die alle Teammitglieder anspricht.
- Konfliktbereitschaft: Ein wichtiger Punkt, der oft unterschätzt wird. In jedem Team gibt es Konflikte. Das ist an sich kein Problem – solange diese Konflikte offen angesprochen und überwunden werden. Streitkultur ist hier genauso wichtig wie Vermittlung nach Bedarf. Hier kann eine feste Person als Moderator:in etabliert werden. Kommunizier in deinem Team deutlich, wie Konflikte im Unternehmen gehandhabt werden und an wen sich Mitarbeiter:innen wenden können, wenn sie sich Unterstützung dabei wünschen.
Selbstbestimmungstheorie als Grundlage für Lernen im Unternehmen
Die Selbstbestimmungstheorie ist nicht nur interessant, wenn es um Motivation für die Arbeit geht. Auch im Bereich Weiterbildung und Lernen ist sie nützlich, um neue Skills noch einfacher und nachhaltiger zu vermitteln.
Als Kommunikations- und Learning-Agentur beschäftigen wir uns bei SAPERED vor allem mit der Frage: Wie können wir Lernumgebungen gestalten, die den größten Mehrwert für Lerner:innen bringen? Die Selbstbestimmungstheorie dient uns dabei immer wieder als Orientierungspunkt. Wir sind davon überzeugt, dass Lernen am besten funktioniert, wenn wir es selbstbestimmt und unseren Bedürfnissen entsprechend tun. Darum stellen wir zu Anfang unserer Konzeptionen auch nicht die Frage: Welche Grundlagen sollten in Thema X verwendet werden? Sondern: Was braucht Lerngruppe X jetzt, damit sie ihre Arbeit noch besser machen kann?
Mit diesem Ansatz konnten wir schon zahlreiche Unternehmen dabei unterstützen, das Knowhow ihrer Mitarbeiter:innen zu vergrößern und natürlich auch die Motivation zu fördern – sowohl zum Arbeiten als auch zum Weiterlernen.
Mehr Selbstbestimmung für dein Unternehmen?
Selbstbestimmtes Lernen und Arbeiten ist aus unserer Sicht (neben einigen anderen Faktoren) ein Erfolgsgarant. Wenn du das unterschreiben kannst und dir eine kompetente und originelle Unterstützung für deine Kommunikations- oder Weiterbildungsstrategie wünschst, dann schreib uns gerne eine E-Mail. Unser Ziel ist es, dass Unternehmen noch besser werden – wirtschaftlich und in puncto Arbeitsbedingungen. Denn so haben alle was davon – und das finden wir gut.