Lernziel vs. Lernbedürfnis – was ist was?
Wenn HRler:innen oder Weiterbildungsbeauftragte von Lernzielen sprechen, dann meinen sie damit oft beides – Lernbedürfnisse und echte Lernziele. Und auch wenn Begriffsbestimmungen nicht immer Spaß machen, solltest du verstehen, worin der Unterschied liegt, damit deine Weiterbildungen noch besser werden. Deshalb:
Was ist ein Lernbedürfnis?
Und hierin liegt schon das erste Problem: Es gibt nämlich nicht nur Lernbedürfnisse, sondern auch noch Lernbedarfe. Beides wird oft synonym verwendet. Wenn wir ganz genau sind, meinen die beiden Begriffe aber etwas dezent anderes:
- Lernbedürfnisse meinen vor allem die individuellen Anforderungen von Personen an den Lernprozess – also: Wie unter welchen Rahmenbedingungen kannst du gut lernen? Was braucht du, damit du, unabhängig vom Thema, Neues lernen kannst?
- Lernbedarfe meinen die konkreten Wissenslücken oder fehlenden Skills, die durch ein Lernangebot gefüllt oder erworben werden sollen: Was fehlt noch an Wissen zum Thema XY? Welche Skills brauchen wir, um bestimmte Aufgaben besser zu meistern?
Beides ist superwichtig, damit Weiterbildungen in Unternehmen funktionieren. Der Einfachheit halber fassen wir hier beides (Lernbedarfe und Lernbedürfnisse) unter dem Begriff „Lernbedarf“ zusammen. Sie haben nämlich eins gemein: Sie sollten immer aus der Perspektive der Lernenden entstehen.
Was ist ein Lernziel?
Lernziele sind ausformulierte Ergebnisse, die ein Lernprozess erzielen soll – also: Welches Wissen, welche Kompetenzen sollen durch die Learning Experience erworben werden? Was genau sollen Mitarbeiter:innen in der Weiterbildung lernen? Wozu sollen sie befähigt werden?
Ein Lernziel kann z. B. sein: Nach dem eTraining sollen Mitarbeiter:innen in der Lage dazu sein, eine Pressemitteilung zu schreiben.
Je konkreter das Lernziel, desto messbarer wird der Lernerfolg.
Lernziel oder Lernbedarf – was ist wichtiger?
Ohne Lernziel, kein messbarer Lernerfolg. Logisch – wenn du nicht weißt, was du erreichen willst, kann du auch nicht überprüfen, ob du es erreicht hast. Das Lernziel ist deshalb phänomenal wichtig, wenn du wirklich effektive Weiterbildungen konzipieren möchtest.
Aber – ohne Lernbedarf, kein sinnvolles Lernziel. Denn wenn du nicht weißt, wo Mitarbeiter:innen Probleme in ihrer Arbeit haben, wo ihnen vielleicht Kompetenzen fehlen, die sie jetzt oder künftig brauchen (werden), dann kannst du kein Ziel für dein Lernangebot definieren – weil du gar nicht weißt, was überhaupt gelernt werden soll.
Beides bedingt einander also. Und beides sollte vor jeder Weiterbildung ermittelt werden.
Lernbedarf ermitteln
Manchmal liegt der Lernbedarf mehr oder weniger auf der Hand: Wenn ein großer Change ansteht oder ein neues Programm erlernt werden soll, das noch niemand kennt, starten alle bei Null. Oft ist es aber komplexer: Wenn bspw. historisch bedingt eine Abteilung schon viel zu einem Thema weiß, die andere aber nicht. Oder wenn es um das Onboarding neuer Mitarbeiter:innen geht. Um den genauen Lernbedarf (was gelernt werden soll) und auch die Lernbedürfnisse (wie gelernt werden soll) zu ermitteln, kannst du folgende Methoden anwenden:
- Fragebögen: Frag einfach deine Mitarbeiter:innen in einer Umfrage, wie sie ihr Wissen in unternehmensrelevanten Bereichen einschätzen. In größeren Firmen kann eine Anonymisierung sinnvoll sein, damit niemand sich „die Blöße“ geben muss.
- Problemerhebung: Noch viel wichtiger, als das Wissen zu vorgegebenen Bereichen abzufragen, ist die Frage nach konkreten Problemen bei der Arbeit. Denn so kannst du herausfinden, wo nicht nur abstraktes Wissen, sondern konkrete Lösungen gefragt sind. Wenn du den Fokus bei deiner Lernbedarfsanalyse auf alltägliche Probleme in der Arbeit und deren Lösung legst, baust du die beste Grundlage für eine Weiterbildung, die nah am Tagesgeschäft ist.
- Tests: Wissenstest bieten eine weitere Möglichkeit, um herauszufinden, wo deine Mitarbeiter:innen gerade stehen und was sie brauchen.
- Gespräche mit Mitarbeiter:innen: Am besten funktioniert die Lernbedarfsanalyse im Gespräch. Nachteil hier: Einigen Mitarbeiter:innen könnte es schwerfallen, Defizite zuzugeben. Was dagegen hilft, ist nur, eine Lernkultur der Offenheit und des konstruktiven Fehlermachens zu entwickeln. (Wie du das schaffst, liest du in unserem Blogartikel zum Thema Lernkultur). Außerdem ist das persönliche Gespräch ab einer gewissen Firmengröße nur stichprobenartig möglich.
- Gespräche mit Teamleiter:innen: Gute Teamleiter:innen wissen in der Regel über das Wissens- und Kompetenzenlevel ihrer Mitarbeiter:innen Bescheid. Ein Gespräch mit den Führungskräften kann deshalb der schnellste Weg zu einer fundierten Bedarfsanalyse sein – ohne, dass sich einzelne Mitarbeiter:innen „outen“ müssten.
Wichtige Fragen für die Lernbedarfsanalyse:
- Wo hast du immer wieder Fragen zu einem Themenbereich oder einem Arbeitsschritt?
- Was fällt dir leicht/was eher schwer?
- Welche Situation zu einem Thema oder einem Arbeitsschritt stresst dich besonders? Und warum?
- Wofür interessierst du dich?
- Wo kommst du nicht weiter?
Auch die Lernbedürfnisse, also die Frage danach, wie einzelne Mitarbeiter:innen am besten lernen, kannst du mit Hilfe dieser Steps beantworten.
Wichtige Fragen rund um Lernbedürfnisse sind:
- Was brauchst du zum Lernen?
- Fällt es dir leichter, mit visuellen oder auditiven Inhalten zu lernen?
- Welche Weiterbildung in unserem Unternehmen hat dir bisher am besten gefallen?
- Lernst du lieber alleine oder in der Gruppe?
- Wann lernst du am besten?
Auch diese Fragen können mit Hilfe von Quizzen spielerisch beantwortet werden. Die Lernbedarfsanalyse bildet die Grundlage für die Formulierung des Lernziels.
Lernziel formulieren – so funktioniert’s
Hast du die Lernbedürfnisse deiner Mitarbeiter:innen ermittelt? Dann kannst du dich an die Ausformulierung eines Ziels machen. Ein Lernziel sollte dabei immer folgende Informationen beinhalten:
- WER soll etwas lernen? Das können die Mitarbeiter:innen an sich oder auch nur Abteilung X sein. Wichtig ist, dass du deine Zielgruppe kennst, um ein möglichst konkretes Lernziel zu formulieren.
- WAS soll gelernt werden? Zum Beispiel das Beherrschen einer Software, der Umgang mit einer Maschine oder eine besondere Kreativtechnik. Ein Lernziel ist idealerweise mit einer „echten“ Kompetenz verbunden, also z. B. etwas entwickeln, etwas verkaufen, etwas benutzen. Es kann sich aber auch auf das Verständnis rund um ein Thema beschränken. Das ist zum Beispiel im eLearning rund um einen Strukturwechsel oft der Fall. Auch eine bestimmte Haltung kann ein Lernziel sein, z. B. eine motivierte Grundeinstellung zur Neugestaltung der Abteilung etc.
- WIE soll gelernt werden? Hier ist das Lernmittel gefragt, also z. B. „das Seminar zum Thema Google Analytics“, „das eTraining rund um unsere neuen Produkte“ oder „der Service-Hotline-Workshop“ – dies sollte immer auch im Lernziel Erwähnung finden. (Wenn du das zu Anfang einer Learning-Experience-Konzeption noch nicht weißt, kannst du an der Stelle auch einfach einen Platzhalter einfügen.)
Noch genauer lässt sich ein Lernziel mit der SMART-Methode entwickeln, die eigentlich zur Beschreibung von Unternehmenszielen von Peter Drucker, einem Managementforscher und Unternehmensberater aus den USA, erfunden wurde.
Nach dieser sollte ein Lernziel folgende Eigenschaften haben:
S (specific /spezifisch): Ein Lernziel muss so spezifisch wie möglich sein. Es sollte eindeutig beschreiben, was nach Abschluss des Learning-Programms erreicht werden soll.
M (measurable /messbar): Ein Lernziel muss messbar sein, d. h. es sollte eine Kennzahl geben, die den Erfolg überprüfbar macht.
A (achievable /erreichbar): Nur realistisch erreichbare Ziele motivieren zum Lernen. Deswegen muss das Lernziel erreichbar sein.
R (relevant): Das Lernziel muss für alle Teilnehmenden relevant sein, d. h. einen erkennbaren Nutzen bieten.
T (time-bound /terminiert): Das Ziel sollte terminiert, d. h. in einem fest definierten Zeitrahmen formuliert werden.
Ein Lernziel nach dieser Methode könnte z. B. so aussehen:
Unsere Mitarbeiter:innen aus der Presseabteilung wissen nach dem zweistündigen eTraining „Bessere Pressemitteilungen schreiben“, wie sie ihre Pressemitteilungen so verbessern können, dass wir unsere Medienauftritte pro PM um 20 % steigern können.
Brauchen wir immer und unter allen Umständen ein Lernziel?
Jein. Lernziele sind gut, richtig und wichtig, wenn es darum geht, sinnvolle Weiterbildungen zu konzipieren und deren Erfolg messbar zu machen. Aber ein Lernziel nach „Vorlage“ nicht alles. Gerade im Bereich der Soft-Skill-Vermittlung ist die Messbarkeit nicht so einfach zu gewährleisten wie in zahlenorientierten Unternehmensbereichen. Deshalb kannst (und solltest du) immer dann von den starren Vorgaben abweichen, wenn es für euch sinnvoll ist.
Mit SAPERED zum Lernziel – mit viel Expertise und mindestens genauso viel Spaß!
Wir von SAPERED lieben Lernen – vor allem, wenn es für Unternehmen und Lernende eine echte Bereicherung ist. Was das genau bedeutet? Kann nie „von der Stange“ beantwortet werden. Wenn dich unser Angebot interessiert und ihr Lust auf „next-level“ Weiterbildungen habt, die Spaß machen und nachhaltig Effekte bringen, dann lass uns reden. Vereinbare jetzt einfach dein kostenloses Beratungsgespräch – wir freuen uns drauf!