Warum wir spielen – oder: Gibt es einen Spieltrieb?
Die Frage, warum wir von Kindesbeinen an und bestenfalls bis ins hohe Erwachsenenalter hinein spielen, beschäftigt Menschen schon seit eh und je. Dabei wurde der Begriff des so genannten Spieltriebs entwickelt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam dieser erstmals in Analysen von Verhaltensforscher:innen auf, die vor allem einen Spieltrieb bei Tieren beobachteten. Heute hat die Triebtheorie nur noch eine untergeordnete Bedeutung bei der Betrachtung des Spiels. Was früher „Trieb“ genannt wurde, ist (mal abgesehen von den Grundbedürfnissen der Nahrungsaufnahme, des Schlafs und der Sexualität) eher als „Antrieb“ zu verstehen.
Aber was treibt uns zum Spiel an?
Auch da gibt es natürlich ganz unterschiedliche Thesen. Bei unserer Recherche für diesen Artikel sind wir auf zwei Gründe gestoßen, die uns sofort überzeugen konnte:
- Wir spielen, um etwas zu lernen.
- Wir spielen, um uns zu amüsieren.
Diese Begründung geht auf Forschungen des Sozial- und Sportwissenschaftlers Jürgen Schwier in Bezug auf den Philosophen Roger Caillois zurück (https://www.planet-wissen.de/g…). Beide Arten der Spielmotivation gehen Hand in Hand und lassen sich nur schwer voneinander trennen. Der Spaß als Motivation zum Spielen ist uns meistens mehr bewusst als das Lernen. Und trotzdem folgt das Spiel dem unbewussten inneren Antrieb, Dinge zu entdecken, zu beherrschen und uns weiterzuentwickeln. Da das Spiel aber sonst kein übergeordnetes Ziel, keinen eindeutigen Zweck hat, ist es intrinsisch motiviert – also von innen heraus. (Wenn du mehr über die Arten der Motivation erfahren willst, liest unseren Artikel über die Selbstbestimmungstheorie).
Wir spielen, weil wir spielen wollen. That’s it – und das macht den großen Unterschied des Spiels zum Arbeiten aus. Schließlich arbeiten wir immer zweckgebunden, weil wir Geld brauchen, weil wir einen Beitrag leisten wollen – aber im besten Fall eben auch, weil wir unsere Fähigkeiten unter Beweis stellen und weiterentwickeln wollen.
Hier liegt der große Anknüpfpunkt zum Spiel: Wenn ich arbeite, nicht nur aus finanziellen oder gesellschaftlichen Gründen, sondern weil Arbeit mir eine innere Befriedigung gibt – dann bin ich intrinsisch motiviert. Und diese Art der Motivation ist für alle Unternehmen Gold wert, die Großes leisten und eine loyale, extrem kompetente Belegschaft aufbauen wollen.
Warum Spielfreude so wichtig fürs Lernen und berufliche Weiterbilden ist
Fragen wir noch einmal: Warum spielen wir eigentlich? Rein biologisch betrachtet ist die Antwort einfach: Weil es uns weiterbringt – auch wenn wir das nicht bewusst anstreben. Ohne Spiel würde kein Kind je etwas lernen. Das Spiel bringt uns also dazu, eigenständig zu werden und uns in der Welt zu verorten. Konkret hilft uns das Spiel bei folgenden Dingen:
Spiele steigern unsere Motivation zum Lernen
Als Erwachsene kennen wir natürlich auch andere Wege des Lernens als das klassische Spiel: das Auswendiglernen, Seminare, Üben usw. ABER: Diese Dinge funktionieren nur so richtig gut, wenn sie auch den Spieltrieb bzw. die Spielfreude anregen. Gamification – so lautet die Devise. Und zwar für sämtliche Bereiche des heutigen Lernens: von der Schule über die Fachmesse oder andere Events bis hin zur betrieblichen Weiterbildung. Wenn ich Menschen nicht wirklich für mein Thema interessieren oder engagieren kann, dann hab ich als Lehrer:in immer ein Problem. Und wenn ich es als Seminarleiter:in nicht schaffe, irgendeine Form der Spielfreude in meinen Mitarbeiter:innen zu wecken, wird meine Weiterbildung kaum einen nachhaltigen Effekt haben.
Spielen als sozialer Ausdruck und Verbindung von Individuen
Hinzu kommt noch ein ganz wichtiger Faktor, warum das Spiel für Menschen essenziell ist: weil es unsere sozialen Kompetenzen stärkt. Wenn wir gemeinsam mit anderen spielen, lernen wir uns auf eine völlig andere Art kennen, als wenn wir im Meeting nebeneinandersitzen.
Natürlich können Menschen auch alleine spielen. Aber für die allermeisten ist das gemeinsame Spiel um Meilen besser. Das beweist schon die Tatsache, dass Computerspiele mit echten Menschen im Internet viel beliebter sind als Spiele gegen den Computer. Der Akt des Spielens bleibt gleich – aber das Wissen, dass ich mit oder auch gegen jemanden spiele, erhöht den Spaß extrem. Spielen hat nämlich oft auch ein kompetitives Element: Indem ich mich mit anderen messe, beweise ich mir meine Fähigkeiten bzw. finde heraus, wo meine Stärken und Schwächen liegen. Und auch wenn es dabei nichts Materielles zu gewinnen gibt – allein die Aussicht darauf, Kontrahent:innen zu überbieten, macht das Spiel für mich interessant.
Wenn ich dann auch noch im Team gegen andere spiele, kommt außerdem ein starkes Gefühl der Zusammengehörigkeit auf. Deswegen gibt es keine Team-Building-Maßnahme ohne Spiel. Aber auch wenn Mitarbeiter:innen eines Teams gegeneinander spielen, kann das Wir-Gefühl steigen. Seit Urzeiten setzen sich Menschen zusammen an einen Tisch und spielen Brettspiele – nicht um zu gewinnen, sondern zum Zeitvertreib und um Spaß miteinander zu haben.
Im Spiel begreife ich die Welt, gesellschaftliche Zusammenhänge und meine Position darin
Auf dem Spielfeld kann ich gemeinsam mit anderen soziale Situationen verstehen und üben. Wenn ich „Siedler“ spiele, versetzt mich das in einen völlig anderen Kosmos als meinen eigenen – aber diesen kann ich auch als Spiegel meiner Realität begreifen. Wenn wir dem Konstruktivismus folgen, dann besteht Realität zum Großteil aus subjektiven Interpretationen individueller Eindrücke. Im Spiel mit anderen oder auch mit mir selbst kann ich diese Interpretationen in einer fiktiven Situation üben: im Theaterspiel oder beim Hockey oder auf dem Handy. Es ist egal, was wir spielen – dadurch, dass wir uns in eine sichere, weil spielerische Umgebung versetzen, können wir frei Dinge ausprobieren, die wir uns sonst vielleicht nicht zutrauen würden. Wir lernen, Herausforderungen selbstbewusster zu meistern und mit anderen Neues zu entdecken. Für Unternehmen, die auf Kreativität und Innovation setzen, ist das unfassbar nützlich.
Bedeutung des Spielens auf einen Blick
Wir können also fünf Vorteile des Spielens für jede:n identifizieren:
- Spielen verschafft uns Unterhaltung.
- Spielen hilft uns, etwas zu lernen.
- Spielen schafft soziale Verbindungen.
- Spielen prägt unser Verständnis von Realität.
- Spielen bietet uns einen fiktiven Raum, um reale Situationen zu üben.
Anders gesagt: Spielen ist universal menschlich und so wichtig, dass es sogar durch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der UN geschützt ist – als Recht auf Spielen für Kinder und Recht auf Urlaub für Erwachsene.
„Kidults“ – und warum Erwachsene auch spielen sollten
Wir haben noch einen interessanten Artikel zu einem Phänomen aus der Spielewelt gefunden: „Kidults“. Das sind erwachsene Menschen, die immer noch leidenschaftlich gerne spielen. Klingt vielleicht erst mal seltsam – ist es aber eigentlich nicht. Es geht hier nicht um Leute, die keine Lust auf Verantwortung haben und sich grundsätzlich wie Kinder benehmen. Sondern ganz einfach um Leute, die sich den Spaß am Spielen bewahrt haben und dadurch für die Spielwarenindustrie eine neue Zielgruppe generiert haben (https://www.deutschlandfunk.de/kidults-homo-ludens-im-erwachsenenalter-100.html). Für diese Leute werden Computerspiele, Spielzeug und Gesellschaftsspiele produziert, die sich nicht an Kinder richten. Das war zwar schon immer so, ist aber mit dem Begriff der „Kidults“ noch mehr in die mediale Aufmerksamkeit gerückt.
Fragt man „Kidults“, warum sie spielen, bekommt man laut Artikel folgende Antworten:
- weil heute digital mit Menschen weltweit gespielt werden kann,
- weil Technik so faszinierend ist,
- weil viele es lieben, den eigenen Verstand herauszufordern,
- weil Spielen eine fiktive Gestaltung der Welt ermöglicht,
- weil Gefühle spielerisch ausgelebt werden können,
- weil Spielen dabei hilft, geschickter zu werden,
- weil im Spiel andere Rollen eingenommen werden können.
Alle diese Punkte lassen sich dem einen oder anderen Faktor zuordnen, den wir gerade bei der Bedeutung des Spielens hervorgehoben haben. Und – alle dieser Gründe lassen sich auf die Arbeitswelt übertragen.
Was das Spiel in Unternehmen macht
Forscher:innen sind immer Spielende. Einige der größten Errungenschaften der Menschheit sind im Spiel entstanden – und nicht durch ein konkret formuliertes Ziel. Gerade diese scheinbare Ziellosigkeit macht das Spiel so kreativ und produktiv. Wenn ich nämlich nicht genau weiß, was ich mit einer Tätigkeit erreichen will, bin ich offen für alle Eindrücke, die mir dabei begegnen – und kann die Glanzlichter (oder anders gesagt: die grandiosen Ideen) wirklich wahrnehmen.
Aber Achtung: Natürlich brauchen Unternehmen Ziele. Sie sollten sogar so deutlich wie möglich formuliert sein. Aber – für das kreative Schaffen sind Momente der Ziellosigkeit oder solche mit einfachen, dem Spiel folgenden Zielen (nicht-wirtschaftlicher Natur) notwendig. Denn nur, wenn ich meinem Kopf auch skurrile Ausflüge erlaube, komme ich an Orte, die ich so vorher noch gar nicht kannte.
Für Unternehmen heißt das: Mit Mitarbeiter:innen, die das Spielen verstehen, habt ihr die besten Voraussetzungen, auch in sich rasant wandelnden Welten wie unserer digitalisierten, mitzuhalten und Dinge zu entwickeln, die Menschen begeistern. Das wird nicht nur einen positiven Effekt auf eure Umsätze, Innovationsfähigkeit und Brand Awareness haben, sondern auch auf euer Arbeitsklima und eure Attraktivität für neue, kreative Mitarbeiter:innen.
Wenn ihr ein Unternehmen seid, das Wert auf Kreativität und Future Skills legt, solltet ihr deshalb Spielraum schaffen. Wie? Darum geht’s im Folgenden.
Wie kannst du in deinem Unternehmen den Spieltrieb fördern?
Grundsätzlich müssen wir nicht zum Spielen animiert werden. Es ist uns in die Wiege gelegt. Aber im Laufe unserer Erwachsenlebens vergessen wir das Spielen zwischen Büroalltag und Familienstress oft. Deswegen tust du gut daran, eine Arbeitsumgebung zu schaffen, die Mitarbeiter:innen aktiv zum Spielen einlädt. Du musst jetzt keinen Spielplatz in der Kantine einrichten. Aber einige Elemente wie die folgenden können helfen, den Spieltrieb zu fördern:
1. Spielzeuge in Reichweite
Würfelspiele, Kicker oder Geduldsspiele am Arbeitsplatz können in der Pause entspannen und nach drögen Bürositzungen die Inspiration auffrischen. Auch der soziale Faktor spielt hier natürlich eine große Rolle.
2. Gamification beim Recruiting
Assessment Center sind ein perfektes alltägliches Beispiel dafür, wie Gamification in Recruiting-Maßnahmen eingesetzt werden kann. Wenn du ein Assessment Center gestaltest, das spielerisch Wissen abfragt und Einblicke in die Persönlichkeit der Kandidat:innen ermöglicht, erfährst du nicht nur ganz leicht mehr über sie – du regst auch ihren Spieltrieb an. Dadurch werden die Motivation im Bewerbungsprozess gesteigert und bessere Ergebnisse erzielt – vorausgesetzt, die Spielelemente sind wirklich gut.
3. Spiele-Apps für Mitarbeiter:innen
Egal, ob es um Meditation oder Rätsel geht – aktivierende Apps können Mitarbeiter:innen helfen, spielerisch in den kreativen Modus zu wechseln. Wenn du ein Angebot planst, solltest du vorher unbedingt nach dem Bedarf in deiner Zielgruppe fragen, damit du wirklich viele Mitarbeiter:innen ansprichst.
4. Team-Events mit Spielcharakter
Zusammen essen gehen, ist gemütlich und entspannend. Die meisten Arbeitgeber:innen setzen aber zurecht auf Team-Events mit einem höheren Aktivitätsgehalt. Kegeln, Escape Room oder Multimedia-Rallye – alle Team-Events mit Spiel-Charakter sind willkommen. Auch hier gilt natürlich: nachfragen, was gut ankommt.
5. Kreative Techniken als Tools
Kreativitätstechniken bieten eine easy Möglichkeit, um das Spielen in die Arbeit zu integrieren: Ob Meinungs-Blitzlicht, Kopfstand-Methode, Idea Sharing oder Collective Notebook – diese einfachen Spiele helfen dabei, Ideen in Gang zu bringen und Mitarbeiter:innen zu motivieren.
6. Interne Wettbewerbe
Warum nicht einfach mal einen internen Wettbewerb für eine Idee ausschreiben? Dieser Rahmen kann zu enorm guten Einfällen motivieren. Achtung: Hier muss darauf geachtet werden, dass kein zu großes Konkurrenzverhalten zwischen den Mitarbeiter:innen entsteht. Seht das Ganze eher als einen Pitch, der z. B. auch von verschiedenen Teams präsentiert werden kann. Oder aber ihr löst den Wettbewerb vom Inhaltlichen eurer Arbeit und kürt z. B. den besten Kuchen, den jemand mitgebracht hat. Das hat zwar keinen direkten Effekt auf die Arbeit, erhöht aber das Gemeinschaftsgefühl und hebt die Laune.
7. Meetings mit mehr Unterhaltungswert
Natürlich könnt ihr auch bei euren langweiligen PowerPoint-Präsentationen bleiben. Nur beeindrucken werdet ihr damit wenige. Gute Inhalte verdienen eine attraktive Verpackung. Wenn ihr in eurer Kommunikation grundsätzlich mehr spielerische Elemente einbaut, z. B. Videos statt Grafiken, Witze statt trockenem Erläutern, Mitmach-Games statt 1-(wo)man-Show – dann ist euch die Aufmerksamkeit sicher und eure Mitarbeiter:innen nehmen aus Meetings nicht nur Wissen, sondern auch noch ein Schmunzeln für den Tag mit.
8. Game im Employer Branding
Wenn du schon vor der Einstellung die kreativsten Köpfe für euer Unternehmen begeistern möchtest, dann setzt du nicht auf traditionelle Stellenanzeigen, sondern lässt dir etwas einfallen, das die Aufmerksamkeit auf sich zieht und euch von den vielen anderen Arbeitgeber:innen da draußen unterscheidet: ein Vorab-Interview mit einem Chatbot, ein Quiz statt eines Bewerbungsanschreibens, ein virtueller Rundgang durchs Unternehmen mit interaktiven Elementen. Bewerber:innen mussten lange genug kreativ sein, um Unternehmen zu überzeugen. Jetzt sind die Firmen an der Reihe: Inspiriere Menschen statt sie nur zu informieren – und dir sind die besten Fachkräfte sicher.
9. Mehr Spaß in der Produktentwicklung
Produktentwicklung kann ein ermüdender Prozess sein: Entwerfen, entwickeln, testen – und das gefühlt mindestens 1.000 mal. Damit Mitarbeiter:innen motiviert bleiben, solltet ihr den Spaß in diesem Prozess großschreiben. Gibt es eine Möglichkeit, eine besonders langweilige Tätigkeit durch Spielelemente aufzuwerten – z. B. durch ein neues Tool, einen anderen Raum, eine neue Methode? Hier ist Ausprobieren angesagt.
10. Gamification von Weiterbildungen
Workshops und Seminare bilden die Basis für die Weiterentwicklung von Mitarbeiter:innen. Aber sie funktionieren nur, wenn sie statt nerviger PowerPoints coole Aktivitäten bieten, die Mitmachen, Probieren und gemeinsam Spaßhaben in ein gelungenes Konzept integrieren.
Weiterbildungen mit SAPERED – fast ein Kinderspiel
Wir lieben Spielen! Und diese Liebe möchten wir an euch weitergeben. Wenn du Lust hast, deine:n Mitarbeiter:innen Weiterbildungen zu bieten, die nicht nur superprofessionell, sondern auch clever konzipiert sind und neben Fachwissen spielend leicht auch Spaß vermitteln, dann lass uns reden. Wir beraten dich gerne unverbindlich zu unserem Angebot!